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Das Amtshaus Paulinzella

Ein Klosterbau des späten Mittelalters

Im Amtshaus Paulinzella befindet sich heute der Sitz des Forstamtes Saalfeld-Rudolstadt (ThüringenForst). In Vorbereitung für diese Nutzung und die folgliche Sanierung wurden seit 2012 bauhistorische und restauratorische ebenso wie bautechnische Untersuchungen des Gebäudes durchgeführt. In der Literatur wurde das Amtshaus bis zu diesem Zeitpunkt auf 1534 datiert, es galt bereits als eines der bedeutendsten Fachwerkgebäude Thüringens. Dendrologische Untersuchungen der Fachwerkkonstruktion aus Weißtanne im Zuge der Sanierung ergab schließlich das Fälldatum von 1474/75. Es handelte sich um eine Winterfällung der Weißtanne und das Holz wurde unmittelbar nach dem Einschlag bearbeitet. Es ist also davon auszugehen, dass das Hausgerüst des Amtshauses 1475 verzimmert wurde. Demzufolge wurde es vom Konvent des Klosters errichtet.

Der Hausgrundriss besaß ursprünglich lediglich zwei Querwände, die in das Außenwandfachwerk eingebunden waren. Für das Erdgeschoss lässt sich dadurch eine Nutzung für den Konvent annehmen. Bestärkt wird diese Annahme durch Indizien für eine Innenwand- und Deckenbekleidung, Hinweise einer umlaufenden Sitzbank im nördlichen Raum sowie einem Zugang in den südlichen Turm in die Klosterkirche. Außerdem gab es neben einer großen auch eine kleine Stube, welche aufgrund ihrer Ausstattung die Stube des Abtes gewesen sein könnte. Im Obergeschoss gab es mehrere Appartements, die wahrscheinlich als Unterkunft für Gäste und Ordensbrüder dienten.

Im ehemaligen Amtshaus Paulinzella befand sich eine holzvertäfelte Stube, die bereits Mitte des 18. Jahrhunderts als »Nonnenstübgen« Erwähnung fand. Reisenden wurde sie als Erinnerung an die Klosterzeit präsentiert. Zur Ausstattung gehörte ein spätgotischer Ofen, der offensichtlich im sächsisch-thüringischem Raum entstand. Er stammt aus der Zeit um 1500 und gehört heute zu den wenigen erhaltenen Öfen aus dieser Zeit in Deutschland. Der oben zu sehende Standort im Amtshaus war vermutlich nicht der ursprüngliche, da Veränderungen am Ofen auf eine Umsetzung im Zuge von Bauarbeiten nach der Säkularisierung des Klosters hindeuten. Der originale Standort konnte 2014/15 bei bauarchäologischen Untersuchungen wiederentdeckt werden. Er befand sich an der Südwand der Bohlenstube. Der Ofen wurde 1898/99 für das Melanchton-Zimmer der Lutherstadt Wittenberg kopiert, sodass wahrscheinlich in diesem Zusammenhang Abgüsse der einzelnen Kacheln entstanden sind. Eine weitere Kopie des Ofens wurde für das von 1897 bis 1903 erbaute Melanchtonhaus in Bretten gefertigt. 1926 erwarb der Kunsthistoriker Dr. Freiherr Schenk zu Schweinsberg diesen Ofen für die Weimarer Kunstsammlungen. Heute kann der Ofen in der Dauerausstellung im Amtshaus als Dauerleihgabe der Klassik Stiftung Weimar betrachtet werden.